Wir müssen endlich in die Gänge kommen! Wir müssen umsetzen, was wir uns vorgenommen haben! Und das so schnell wie möglich. Und mit »wir« meine ich jeden Einzelnen von uns. Ich will nicht behaupten, dass die letzten Leugner der menschenbedingten Klimaveränderung damit überzeugt sein werden. Aber die Veröffentlichung des Weltklimarat-Berichts von vor ein paar Wochen und sein mediales Echo sollten zumindest dazu geführt haben, dass jene, die es ohnehin bereits vermutet haben, dass der Mensch durch die Industrialisierung entscheidend in das Klima unseres Planeten eingegriffen hat – und damit verantwortlich dafür ist, dass Gletscher schmelzen, der Meeresspiegel steigt, ungewohnt hohe Temperaturen Flora und Fauna zu schaffen machen, Wetterextreme dafür sorgen, dass es im Süden vermehrt zu Bränden und im Norden zu Überschwemmungen kommt – Maßnahmen setzen.
Kurz: Die Klimaveränderung ist vor unserer Haustüre angekommen. Starkregenfälle und Hagelkörner in Tennisballgröße sind keine Seltenheit mehr. Von wegen: Früher gab´s das auch. Nicht in diesem Ausmaß und auch nicht in dieser Häufigkeit. Und das ist keine haltlose Behauptung, sondern das Ergebnis von aktuellen Studien, die der Redaktion vorliegen. Überschwemmungen – selbst in Regionen, die bisher verschont geblieben waren – häufen sich. Waldbrände in Griechenland, der Türkei, Italien und Nordafrika verwüsten ganze Landstriche. All diese Ereignisse stehen laut Wissenschaftlern im direkten Zusammenhang.
Doch damit nicht genug: Uns muss bewusst sein, dass die sogenannten »Kippeffekte« dazu führen werden, dass Gewohntes sich rasch ändern kann. Lassen Sie uns das Thema anhand von Österreichs Stromerzeugung durchdenken! So lag der Erzeugungswert der niederösterreichischen Donaukraftwerke im ersten Halbjahr 2020 um 5 % und jener des gleichen Zeitraumes des Jahres 2021 um 4 % unter dem langjährigen Durchschnitt. Wir fragten beim Verbund nach und bekamen die Antwort, dass wetterbedingte Erzeugungsschwankungen bei der Stromerzeugung aus Wasserkraft zum üblichen Geschäft gehören. „Die saisonalen Schwankungen liegen im Bereich des üblichen Erzeugungsgeschehens. Bestimmend vor allem für die Erzeugung des ersten Halbjahres ist zumeist die Schneemenge des vorangegangenen Winters. Diese Schneeschmelze ist wesentlicher Lieferant für die Wasserkraft, doch gibt es auch hier regionale Unterschiede“, glätteten die Experten des Verbunds die Wogen. Trotz der geringeren Menge an produziertem Strom im ersten Halbjahr wurde in der Gesamtjahreserzeugung 2020 dieses Defizit aufgeholt und lag zum Jahresende 2020 sogar um 1 % über dem langjährigen Durchschnitt.
Doch was aber passiert, wenn die Temperaturen weitersteigen, der Schnee in den üblichen Mengen ausbleibt, es aber stattdessen zu Regenfällen kommt? Welche Auswirkungen haben derartige Szenarien? Klare Antworten darauf wird man so schnell nicht bekommen. Allerdings könnte es durchaus sein, dass der Stromanteil, den wir der Wasserkraft verdanken, künftig geringer ausfallen wird als bisher. Nicht zuletzt erst dann ist der Ausbau der Windenergie und der Photovoltaik von größter Wichtigkeit für Österreich und sind damit die Elektrotechnikbetriebe dieses Landes gefordert wie noch nie. Diese Aufgabe wird aber auch einer der wichtigsten Umsatz- bzw. Ertragsbringer der Zukunft für die heimischen Elektriker werden – die Chance, einen Elektrobetrieb zu einem florierenden Unternehmen zu verwandeln, indem man den Kunden Know-how verkauft und »Energie-Gewinnungs-Pakete« schnürt, die den Handwerker davon befreien, weiter in der Stundensatz-Spirale gefangen zu bleiben, ist schon lange nicht so groß gewesen.
Erst vor ein paar Tagen führten mich meine Recherchen in die Tiroler Gemeinden Serfaus, Fiss und Ladis, deren Fremdenverkehrsbetriebe in den letzten Monaten in Sachen Photovoltaik mächtig aufgerüstet haben. Mit ein Grund dafür, dass derartige Projekte nicht nur Lippenbekenntnisse bleiben, sondern auch realisiert werden, sind engagierte Elektrotechnikbetriebe, die Spezialisten in ihren eigenen Reihen beschäftigen und dafür sorgen, dass wir dem Ziel von »#mission 2030« – bis zum betreffenden Jahr zu 100 % Strom aus erneuerbarer Energie zur Verfügung zu haben – Schritt für Schritt näherkommen. Wo man auf Sonne trifft, ist allerdings leider oft auch Schatten: Im Rahmen meiner Projektrecherchen kommen mir immer wieder Berichte zu Ohren, die davon zeugen, dass die Grüne Politik zwar gerne möchte, mit viel Gegenwind des großen Partners es schließlich doch schafft, Gesetze wie das EAG auf den Weg zu bringen, die Umsetzung dessen von ausführender Seite aber nicht selten untergraben wird. Über die Situation im Burgenland, wo der Netzbetreiber Errichtern von PV-Anlagen größer als 20 kWp das Jahr 2029 fürs Ans-Netz-bringen in Aussicht stellt, haben wir bereits in der letzten Ausgabe vom i-Magazin berichtet. Andere Beispiele wiederum zeigen, dass die Verzögerungstaktik auch subtiler vonstatten gehen kann. So werden Bewilligungsverfahren über mehrere Wochen in die Länge gezogen, mit dem Argument, die Berechnung der Anlage durchführen zu müssen. „Die EVUs und die Netzbetreiber wollen ihren eigenen Strom verkaufen. Da ist es nur allzu verständlich, dass sie so handeln“, bekomme ich in diesem Zusammenhang immer wieder als Argument zu hören. Die Frage ist nur, wohin uns dieses Treiben führt. Denn das Ziel von #mission 2030 werden wir nur dann erreichen, wenn alle an einem Strang ziehen und Spielchen spielen der Vergangenheit angehören wird. Ich würde mir wünschen, dass wir alle beginnen, über den Tellerrand zu blicken und damit aufhören, das Eigeninteresse über das der Allgemeinheit zu stellen!

Bild: www.i-magazin.com
Thomas Buchbauer ist
Chefredakteur und Herausgeber von
i-Magazin und ecarandbike.com.